Fächerübergreifender Lehrausgang des 5. Jg. der HLA aus den Fächern Rechtskunde und Religion in die Haftanstalt Karlau am 8. März 2012

Begleitlehrer: Prof. DI Johann Zenz, Prof. Dr. Florian Mittl

 

In der Haftanstalt Karlau wurden wir von Mag. Josef Riedl empfangen, der seit ca. 10 Jahren die Gefängnisseelsorge in der Karlau macht.

Sozusagen als Input bekamen wir den beklemmenden Film „Innenansicht“, gedreht in der Justizanstalt Garsten, zu sehen. Darauf aufbauend entwickelte sich eine lebhafte Diskussion bezüglich des Gefängnisalltags der Häftlinge zwischen den SchülerInnen und Herrn Mag. Riedl.

In der Karlau „sitzen“ derzeit ca. 600 Häftlinge (älter als 19 Jahre) aufgrund unterschiedlichster Delikte in Zellengrößen von 1 bis 5 Personen ein. Der Kontakt mit der Außenwelt über Medien wie Zeitschriften, TV und Radio ist bei strikter Einhaltung der „Hausordnung“ in der Haftanstalt möglich.  Weiters darf 2 Mal pro Woche ein halbstündiger Besuch  unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen empfangen werden.  Je ein Drittel der Häftlinge bekommen regelmäßig bzw. gelegentlich bzw. nie Besuch. Familienlangzeitbesuche über 3 Stunden in so genannten „Kuschelzellen“ sind  alle 6 Wochen möglich, wenn die Häftlinge entsprechend gute Führung zeigen. Anrufe nach außen sind über registrierte Nummern möglich und werden abgehört.

Die Häftlinge sind angehalten, in den anstaltseigenen Handwerksbetrieben (Gärtnerei, Schlosserei, Tischlerei, Schneiderei, Wäscherei, Bäckerei, Betriebsküche etc. ) ca. 30 Stunden pro Woche zu arbeiten. Der Nettolohn dafür beträgt ca. 1€ pro Stunde und wird den Häftlingen auf einem Konto gutgeschrieben. Tabakkonsum ist erlaubt- Alkoholkonsum ist natürlich untersagt. Ca. 10% der Häftlinge stehen unter einem Drogenersatzprogramm.

Für geistig abnorme Rechtsbrecher steht ein eigener besonders überwachter Trakt zur Verfügung. Mag. Riedl weist darauf hin, dass ein Tag in einer geschlossenen Psychiatrie außerhalb des Gefängnisses 3000€ kostet- innerhalb eines Gefängnisses kostet dies dem Staat nur einen Bruchteil davon.

Eine Prüfung auf vorzeitige Haftentlassung ist frühestens nach der Hälfte der Haftstrafe möglich. Vorzeitige Haftentlassung ist aber erst nach Abbüßung von 75% der Haftzeit realistisch, wenn der Häftling während der Haft Therapien akzeptiert hat und unter anderem für „draußen“ einen Arbeitsplatz sowie Wohnmöglichkeit nachweisen kann.

Ca. 25% der Gefängnisinsassen nehmen freiwillig das Seelsorgeangebot von Herrn Mag. Riedl in Anspruch.  Auf die Frage wie schwierig diese Arbeit sei antwortet Herr Mag. Riedl sinngemäß: 95% aller Morde passieren in der Familie bzw. an nahen Bezugspersonen. Mörder haben einen intensiven Konflikt mit einer Bezugsperson mit dem untauglichsten aller Mittel nämlich mit Mord gelöst. Mörder bekommen natürlich extrem lange Haftstrafen. Diese langen Haftstrafen sind für die Läuterung des Täters selbst nicht produktiv. Die Gesellschaft verlangt einfach, dass man diese Personen „wegsperrt“, obwohl die Rückfallrate bei „Beziehungsmördern“ kleiner als 0,3% ist. Das oben erwähnte gilt natürlich nicht für Raubmörder – da sind lange Haftstrafen durchaus plausibel. Übrigens: Bei allen anderen Delikten ist die Rückfallrate in Summe bei ca. 50%!

Da ein Häftling pro Tag dem Staat Österreich 100€ kostet, schlägt Herr Mag. Riedl vor, viel mehr Ressourcen für die Gewaltprävention im kirchenfernen sozial desolatem Milieu einzusetzen. So kostet der Betrieb der Haftanstalt Karlau dem Steuerzahler jährlich weit über 20 Mio. Euro. Vor allem mit männlichen Jugendlichen sollten vermehrt so genannte Impulskontrollseminare durchgeführt werden, um diversen Gewalttaten vor allem in der Familie vorzubeugen.

                                                                                                                                  Prof. DI Johann Zenz

 

 

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